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10 Fakten über Osteopathie

Den Impuls zu diesem Beitrag haben mir Veröffentlichungen gegeben, welche derartig viele unrichtige Fakten und damit auch Unsicherheit über Osteopathie verbreiten, dass ich gern für ein wenig mehr Aufklärung sorgen möchte. Damit erhebe ich zwar mit diesem Beitrag nicht das Recht auf Vollkommenheit, vielmehr versuche ich den derzeitigen Stand der Osteopathie in Deutschland leicht verständlich darzulegen. Falls du Fragen oder Anmerkungen zu diesem Thema hast – melde Dich gern.

Fakt 1: Osteopathie wird in Deutschland von vielen fachkompetenten Personen ausgeübt

Folgende Berufsgruppen sind per Gesetz befugt, Osteopathie in ihrer Ursprungsform durchzuführen.

  1. Heilpraktiker
  2. Ärzte

Oft liest oder hört man, und so war das auch in diesem Beitrag, dass nur Ärzte Osteopathie ausüben dürfen. Auf welchem Mist diese Aussage gewachsen ist – eins ist sicher – sie ist falsch. Wie gesagt – Heilpraktiker und Ärzte sind in Deutschland per Gesetz befugt, Diagnosen zu stellen und anhand dieser Behandlungen durchzuführen. Sonst keiner im Direkt- oder Erstkontakt.

Zusätzlich sind viele Eigner der beiden genannten Berufsgruppen in einem Vorberuf oder in einer anderen Fachrichtung ausgebildet. Das heißt – Heilpraktiker sind ganz oft zusätzlich im Erstberuf Physiotherapeuten (so wie ich zum Beispiel), Ergotherapeuten, Logopäden und andere. Ärzte sind oft Facharzt für Hausarztmedizin, Orthopäden, Fachärzte für Manuelle Medizin oder auch ganz andere Fachbereiche.

Alle hatten mit der Weiterbildung zumindest ein gemeinsames Ziel – näher an die Ursache der Symptome finden und damit den Patienten wirklich helfen. Und da ergibt sich der nächste Fakt.

Fakt 2: Die Weiterbildung von Osteopathen findet an privaten Instituten und mittlerweile auch an einigen wenigen Hochschulen statt

Der Beruf des Osteopathen ist nach wie vor weder staatlich anerkannt noch geschützt – somit gelten auch für die Ausbildung keine bundeseinheitlichen Regelungen.

(einzige Ausnahme bildet hier Hessen, hier gilt die staatliche Anerkennung von Osteopathen, sofern die Ausbildung an einem dafür ebenfalls staatlich anerkanntem Institut absolviert wurde. Geregelt ist dies in der Weiterbilungs- und Prüfungsordnung für Osteopathie – WPO Hessen.)

(Aktualisierung 27.10.18: neueste Meldungen deuten darauf hin, dass die Fortführung eingestellt wurde, das heißt – im Jahr 2018 besteht die letzte Möglichkeit in Hessen eine staatlich anerkannte Ausbildung zu beginnen / Quelle: Youtube, Freie Heilpraktiker Video vom 26.10.18 – dies jedoch widerspricht den News von Osteokompass vom 14.09.2018, welche melden, dass die WPO um weitere 5 Jahre verlängert ist…da Osteokompass alle News mit Links belegt – ist dem wohl eher zu trauen)

Christoph Newiger vom eben erwähnten Portal Osteokompass leistet mit diesem Portal hervorragende Arbeit und hat alle Schulen aufgelistet. Ganze 141 Stand Oktober 2018. Die meisten Schulen bieten den Unterricht über 4-5 Jahre berufsbegleitend an. Schlüsselzahl sind 1350 Unterrichtsstunden, welche in dieser Zeit absolviert werden. Selbsstudium und intensive Literaturrecherche sind in diesem Fall selbstredend.

An einigen Einrichtungen kann eine Vollzeit- und damit auch Erstausbildung absolviert werden. Diese richtet sich vor allem an Abiturienten, dauert 4-5 Jahre und hat 5000 Stunden Unterricht als Basis. Bachelor und anschließende Master of Science Studiengänge sind möglich.

Daneben existieren noch eine Menge Fortbildungsanbieter, welche sich auf die Weiterbildung von Osteopathen spezialisiert haben. Das sind ebenfalls freie Anbieter – manchmal einzelne Therapeuten, manchmal Berufsverbände und natürlich auch die oben genannten Ausbildungsinstitute.

Um sicher zu gehen, wie der Osteopath, den du dir ausgesucht hast, ausgebildet ist – besuchst du einfach seine Homepage. Die meisten haben, um dem Vorurteil vorzubeugen eine ausführliche Vita. Falls nicht – frag doch einfach mal bei ihm oder ihr nach.

Fakt 3: Osteopathie ist eine komplementärmedizinische Methode

…und nicht wie so oft – und fälschlicherweise als alternative Methode bezeichnet. Nur mal kurz zur Begriffsklärung – eine alternative Behandlungsmethode schließt im Grunde die konventionelle Schulmedizin aus. Deswegen nennt man es ja auch „Alternative“.

Komplementär – stammt aus dem französischen und steht für das sich gegenseitige Ergänzen. Ja – das passt viel besser zur Osteopathie, denn Hand in Hand mit der Schulmedizin werden wirklich gute Ergebnisse erzielt.

Übrigens: Für eine komplementärmedizinische Behandlung entscheidet man sich als freier Mensch selbst. Das wird nicht verordnet. Allenfalls empfohlen.

Fakt 4: Osteopathie ist nicht einfach nur „IN“ oder „Mode“ ….

…sondern Osteopathie hat sich seit den 80iger Jahren bis jetzt in Deutschland als verlässliche Behandlungsmethode etabliert. Ja – das mag sein, dass die vielgewünschten randomisierten Doppelblindstudien noch nicht in dem Maße  vorhanden sind, dass Wissenschaftler und Skeptiker voll zufrieden sind. Doch neben unzähligen positiven, ungefärbten Erfahrungsberichten existieren zahlreiche Wirksamkeitsnachweise und kleinere Studien. Derzeit 174 (Stand Oktober 2018). Ein Abstract liegt vor und bei Interesse kann man immer versuchen, die Studie vom Autor zu bekommen.

Falls du mit deinem Osteopathen zufrieden bist, lass´ es doch deine Mitpatienten durch eine Bewertung auf google oder Jameda wissen. Wissen wird heute zunehmend über Bewertungsportale weitergegeben. Irgendwann hat man sich als Nutzer auch eingelesen und erkennt echte von Fakebewertungen.

5. Fakt: Osteopathen sind keine Wunderheiler

Auch wenn wir oft als Handaufleger, Wunderheiler, Zauberer oder sonstiges betitelt werden, ist die Osteopathie eine Methode, welche sich ganz konkret an Anatomie, Physiologie sowie den Gesetzen der Natur orientiert.

Ziel der Osteopathie ist es, die Fähigkeit zur Selbstregulation in einem Organismus zu steigern. Insofern sind auch Begrifflichkeiten wie „….der Osteopath regelt das oder bekommt das in den Griff“ nur bedingt richtig. Der Osteopath ist vielleicht so etwas wie ein Weichensteller oder Wegbereiter. Heilen muss jeder selbst, die Kraft zu Heilung muss jeder Körper selbst herausbilden.

6. Fakt: Osteopathie ist eine eigenständige Methode

Immer wieder gibt es mehr oder weniger verkrampfte Versuche, die Osteopathie in irgendein bestehendes Gewerk einzweben.

Doch das ist gar nicht nötig. Osteopathie ist ein völlig in sich stimmiges und abgeschlossenes Konzept, welches komplett ohne Vermischungen angewendet und vor allem erklärt werden kann. Also ist Osteopathie weder Teil der Physiotherapie, noch Teil der Manuellen Therapie, noch Teil der Chiropraxis, auch keine Mischung aus Handauflegen und irgendwas – sondern –  Osteopathie ist genausoviel Osteopathie wie Akupunktur Akupunktur ist. Ein eigenständiges voll funktionierendes Konzept.

Alle Vermischungsversuche verfolgen zumeist monetäre oder besitzrechtliche Interessen. Einfach nur ein Hin- und Hergeschiebe, welches jedoch am Kern der Methode keine Verbesserung – eher eine Abwertung bewirkt.

Aus diesem Grund ist auch eine staatliche Anerkennung im Prinzip und rein rechtlich nicht nötig, denn mit den zwei Berufsgruppen Arzt und Heilpraktiker haben wir zwei starke Berufsgruppen, denen das Ausüben der Heilkunde in Deutschland erlaubt ist. Ich kann jedem Physiotherapeut nur empfehlen, sich für die Überprüfung zum Heilpraktiker zu entscheiden. Dann bist du auf der rechtssicheren Seite.

7. Fakt: Osteopathie arbeitet ohne Geräte

Osteopathie in ihrer Reinform arbeitet komplett ohne Therapiegerätschaften. Das einzige, was ein Osteopath braucht, ist seine Behandlungsliege und den Patient. Alle anderen Maßnahmen wie Rüttelplatten, Massagegeräte, Elektrogeräte, Stimulationsgeräte, Medikamente, Spritzen und und und … gehören nicht zur ursprünglichen Philosophie der Osteopathie. Nun leben wir in einem modernen Land mit vielfältigen Möglichkeiten – es ist völlig legitim, wenn ein Arzt oder Heilpraktiker eines der oben genannten Dinge anwendet. Aber faierweise muss erwähnt bleiben – das dies keine explizite osteopathische Maßnahme oder Technik ist.

Grundlegend folgt die Ostepathie immer einem gleichen Schema. In einem zumeist recht ausführlichen Aufnahmegespräch wird der Patient in der Praxis aufgenommen, es schließen sich die körperliche Untersuchung und das Aufstellen der Behandlungsthese an. Gemeinsam mit dem Patient wird dann die Behandlungsstrategie beziehungsweise der Behandlungsplan besprochen. Die körperliche Behandlung wird der Philosophie folgend nur mit den Händen ausgeübt und ist damit natürlich eine „manuelle Methode“ … denn „manus“ ist der lateinische Wortstamm für „Hand“.

8. Osteopathie lässt sich nicht in einzelne Techniken oder Wortkreationen splitten

Wie ich oben unter Punkt 6 schon beschrieben habe, ist die Osteopathie ein in sich abgeschlossenes Behandlungskonzept. Eine eigene Methode. Immer wieder lese ich von osteopathischen Techniken oder das die Osteopathie irgendwo mit einfließt.

Das ist super. Alles was zusammenfließt – ist (fast) immer gut und sicherlich auch hilfreich.

Dennoch, muss ich auch hier fairerweise sagen – dass etwas nicht vollumfänglich sein kann – wenn es irgendwo mit einfließen muss.

Oder mal andersrum gefragt – warum muss es einfließen, wenn es doch eigentlich in sich schon vollumfänglich und damit zur Zielerfüllung völlig ausreichend ist?

…etwas einfließen lassen ist der verzweifelte Versuch, etwas zusammenzubringen, was kaum zusammenzubringen ist. Ich kann mich noch sehr gut an meine Zeit als Physiotherapeutin erinnern. Da habe ich auch oft – osteopathische Techniken „einfließen“ lassen. Ich war einfach stolz, auf das was ich konnte. Wie stupid, wenn ich heute darüber nachdenke. Aber irgendwie auch ganz normal. Wenn man was neues lernt, denkt man immer – man hätte die weltumspannende Weisheit mit Löffeln gefressen. Die ganz banalen Techniken, welche ich am Wochenende im Seminar gelernt hatte – habe ich dann gleich ab montags an den Mann und die Frau gebracht. Aber es waren einfach nur einzelne Techniken. Irgendwann ist mir klar geworden – dass ich in zwanzig Minuten keine vollumfängliche osteopathische Diagnose erstellen kann. Dann habe ich das kassengestützte System meines Erstberufes verlassen. Ab da endete das Aneinanderreihen von vermeintlich hilfreichen Techniken und ich musste nix mehr einfließen lassen.

9. Fakt: Hilft Osteopathie aus psychologischen Gründen?

Natürlich bekommt es uns Menschen äußerst gut, wenn uns jemand anschaut, uns zuhört oder uns auch berührt. Das sind elementare Bestandteile in Bezug auf Entspannung und damit Heilung.

Doch das allein ist nicht der Grund, warum die Methode so erfolgreich ist. Osteopathen wühlen und suchen nach der Ursache oder um es mal im Osteopathensprech zu formulieren – nach der Schlüsselfysfunktion. Also die Ungereimtheit – aufgrund derer sich alles aufbaut.

Hierfür hat jeder Osteopath einen klaren Untersuchungsablauf. Gelehrt wird allen das Gleiche – dennoch prägt sich natürlich so etwas wie eine Handschrift aus und jeder Behandler hat seine verlässlichen Lieblingstests und Herangehensweisen. Wenn man Tag für Tag – Woche für Woche, Monat für Monat – und Jahr um Jahr …. unzählige Füße, Hände, Bäuche – einfach Körper befühlt, beschnüffelt, begutachtet – springen einen irgendwann selbst kleinste Ungereimtheiten förmlich an. Addiert zu den Aussagen und der Art und Weise wie sich ein Mensch zeigt – entsteht irgendwann sehr schnell eine klare Idee – warum es jemandem im Moment nicht so gut geht.

Manchmal sind das wirklich Winzigkeiten, wie eine minimal verdrehte Zehe – welche einen Gangablauf derartig stören kann, dass sich daraus vielleicht in anderen Körperbereichen Symptome aufbauen. Schlussendlich hält der Osteopath vielleicht ein wenig diese Zehe – eine kaum wahrnehmbare sogenannte Unwindingtechnik. Nebenbei wird vielleicht gesprochen, vielleicht auch nicht. Tja – was wird der Patient hinterher über diese Behandlung erzählen ….. der Therapeut hat meine Zehe gehalten …. aha. Klar. Und nebenbei mir mir geredet. Aja. Ergo – hat jetzt nur das Reden hat geholfen – denn nur Zehe halten kann es ja nicht gewesen sein. Oder doch?

Ja, das kann es ganz gewiss gewesen sein – denn das vermeintliche Handauflegen und Halten ….sind spezielle, sehr sanfte Techniken. Ich bin immer wieder dankbar über die vielen sensiblen Patienten, welche innerlich genau nachvollziehen können, was passiert, ohne, dass ich ihnen mit Worten implementiere, was ich da tue. Jegliches Körpergewebe ist dynamisch und bewegt sich immer ein klein wenig – und über genaue diesen Mechanismus organisiert es sich auch wieder.

10. Fakt: Osteopathen geben keine Heilversprechen

…denn das wäre äußerst unprofessionell. Erst nach Begutachtung und umfangreicher Untersuchung lässt sich eine Behandlungsthese aufstellen.

Weder am Telefon, auf dem Markt noch einfach mal so zwischendurch lässt sich eine Aussage treffen, wem die Osteopathie helfen kann oder nicht.

Es gibt eine Menge Erfahrungswissen und eine ganze Palette an Diagnosen, bei denen sich gehäuft gute Ergebnisse erzielen liesen.

Aber – die Osteopathie hat ganz klare Abgrenzungen für Krankheiten, welche absolut nicht in die ostepathische Praxis gehören. Dazu gehören zum Beispiel akut frische Knochenbrüche, Krebserkrankungen, frische Schlaganfälle um nur ein paar Beispiele zu nennen.

 

Faktencheck Ende – Licht ins Dunkel. Hast Du Fragen oder Anmerkungen zu diesem Thema? Dann melde dich gern in einem Kommentar.

 

 

 

 

 

6 Kommentare

  • Vor allem Fakt 7 sollte meiner Meinung nach noch mehr in den Vordergrund gerückt werden, da ich immer mehr Angebote für osteopathische Behandlungen sehe, die sich auf abenteuerliche Gadgets stützen. Eine manuelle Therapie kann in der Regel manuell auch am professionellsten angewandt werden. Viel interessanter als neuartige Gadgets wäre, es sich während der Behandlung auch intellektuell mit der Philosophie der Osteopathie auseinanderzusetzen, die Sie hier erwähnen.

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    • Liebe Ester, vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich gebe Dir recht – es wird immer abenteuerlicher in der Landschaft der Osteopathie. Sonst wäre vermutlich auch nie dieser Beitrag und mittlerweile auch das Video dazu nicht entstanden. Liebe Grüße Sandra

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  • Interessant, dass man in der Osteopathie eigentlich nach der Schlüsseldysfunktion sucht. Dieser Ansatz hört sich für mich gut und stimmig an. Ich würde es auf jeden Fall in Erwägung ziehen selbst mal zu einem Osteopathen zu gehen, wenn es einen Anlass gibt.

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    • Hi Gretl. Ja – das ist definitiv ein schlüssiges Konzept. Ich komme gern mal auf einen fachlichen Austausch, wenn ich mal wieder Urlaub in meinem Lieblingstal, dem Zillertal mache :-) und ansonsten ist es doch eigentlich echt albern, so zu tun als wäre man ein Laie und postet dann den Link zur eigenen Osteopathiepraxis. Werbung für Osteopathiepraxen schalte ich gern auf meinem Blog, diese sind dann aber kostenplichtig … Grüße aus Potsdam. Lg Sandra

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    • Hallo Julia. Es ist leider so, dass Heilpraktiker, Ärzte und Therapeuten keine Heilversprechen geben (können). Wann immer Du das Gefühl hast, Du würdest Dir gern eine Meinung eines osteopathisch tätigen Behandlers einholen – mach das. Dem eigenen Instinkt ist absolut zu vertrauen. Lg und alles Gute Dir. Sandra

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